Gesundheit und Soziales
1. Suche nach ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen
Immer wieder erreichen den IFHS Anfragen von – z. T. verzweifelten – Hochsensiblen nach VertreterInnen von Heilberufen, die das Konstrukt der Hochsensibilität anerkennen und im Rahmen von Diagnostik und Therapie berücksichtigen. In Reaktion auf entsprechende Anfragen erstellt der IFHS eine Liste mit Kontakten vor Ort zum Thema Hochsensibilität, auf der sich auch ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen finden. VertreterInnen von Heilberufen mit Approbation (wie eben bspw. ÄrztInnen und Psychologische PsychotherapeutInnen) sind in der Liste fett gedruckt.
Wer in größerer Distanz zu einem entsprechenden Angebot wohnt, ist leider auf die (erfahrungsgemäß manchmal frustrierende) eigene Suche nach TherapeutInnen verwiesen, die zufälligerweise mit Hochsensiblen gut umgehen können.
Allgemeine Informationen zur Suche nach Psychotherapeuten finden sich unter:
http://www.bptk.de/patienten/einfuehrung.html.
Nicht zuletzt aufgrund der geringen Zahl uns bekannter entsprechender ÄrztInnen und PsychotherapetInnen wurde der IFHS auch mit Bitten um Informationsmaterial für diese Berufsgruppen konfrontiert.
2. Informationsmaterial für ÄrztInnen
In Bezug auf ÄrztInnen stehen wir derartigen Anfragen vergleichsweise hilflos gegenüber, da es bisher praktisch keine medizinwissenschaftlichen Publikationen zum Thema Hochsensibilität im Kontext von Diagnostik und Therapie physischer (körperlicher) Erkrankungen gibt.
Dies erklärt sich dadurch, dass Hochsensibilität bis heute in erster Linie ein Thema der Differenziellen bzw. Persönlichkeitspsychologie ist: Man untersucht das Phänomen unter der Fragestellung, inwieweit es Persönlichkeit, Verhaltensformen und Fähigkeiten Betroffener prägt oder beeinflusst; eine Betrachtung des Phänomens aus therapeutischer Sicht erfolgt, wenn überhaupt, nur unter psychopathologischen Aspekten. HSPs berichten zwar von Überempfindlichkeit gegenüber Schmerzen, stärkerer Reaktion auf Medikamente und ohne das Konstrukt HS schwer erklärbare psychosomatische Symptomatik, aber eine systematische Erforschung von Einzelwahrnehmungen dieser Art unter Anwendung medizinwissenschaftlicher Methodik hat bisher nicht stattgefunden; entsprechende Berichte haben daher aus wissenschaftlicher Sicht zur Zeit nur sogenannten anekdotischen Charakter.
Die/Der nach den Regeln der Heilkunst (lege artis) arbeitende ÄrztIn muss – nicht zuletzt zur Vermeidung von Kunstfehlern – aus ihrem/seinem Berufsverständnis heraus Skepsis walten lassen gegenüber neuen Konstrukten, deren Validität (Gültigkeit) medizinwissenschaftlich nicht bestätigt ist, was auch daran liegt, dass in der therapeutischen Praxis Phänomene wie Anosognosie (Krankheitsleugnung) und Hypochondrie (Krankheitseinbildung) Alltag sind.
Trotz der fehlenden gesicherten empirischen Basis unserer Behauptungen und der damit verbundenen argumentativen Schwäche wollen wir die eingangs erwähnten Anfragen nicht unbeantwortet lassen und haben daher ein Informationsblatt für VertreterInnen von Heilberufen zusammengestellt. Der IFHS ist allerdings ausgesprochen skeptisch bezüglich der Überzeugungskraft desselben, da TherapeutInnen vermutlich entweder von sich aus auf besondere Bedürfnisse der/des jeweiligen PatientIn eingehen oder sich eben sehr streng an die Grenzen des durch die Medizinwissenschaft Anerkannten halten werden, woran ein Informationsblatt irgendeines Vereins wohl wenig zu ändern vermag. Zwar kann ein Versuch nicht schaden; wir empfehlen aber bei anscheinend unüberwindlichen Schwierigkeiten, sich auf die Suche nach MedizinerInnen zu begeben, mit denen die "Chemie" eher „stimmt“.
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Obgleich es sich nicht um medizinwissenschaftliche Veröffentlichungen handelt, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass inzwischen drei Periodika für Ärzte im deutschsprachigen Raum das Thema aufgegriffen haben. Zuletzt fand sich im Dezember 2017 ein Artikel in der Schweizerischen Ärztezeitung. Die deutsche ÄrzteZeitung veröffentlichte im Oktober 2015 einen Text; die Autorin des Artikels hatte unserer Wahrnehmung nach ziemlich genau verstanden, „worum es geht“. Und im September 2015 hatte die Zeitschrift NeuroTransmitter (S. 16f.) einen einführenden Text enthalten. Im Januar 2018 fand sich auch auf der Website DocCheck, einer Community für Vertreter medizinischer Berufe, ein Artikel zum Thema Hochsensibilität.
Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang, dass im Jahr 1978 das medizinwissenschaftliche Fachbuch
- Klages, Wolfgang, Der sensible Mensch, Psychologie, Psychopathologie, Therapie
erschien; 1991 gab es eine zweite Auflage. Obschon Klages das Konstrukt der Hochsensibilität als solches naturgemäß nicht kennen kann, da dieses erst 1997 in die fachwissenschaftliche Debatte eingeführt wird, enthält das Buch viele aus unserer Sicht sehr hilfreiche Aussagen über Hochsensible. Wolfgang Klages war Direktor der Psychiatrischen Klinik der TU Aachen bzw. Ordinarius für Psychiatrie. Klages kam aufgrund von Beobachtungen aus seiner klinischen Praxis zur Erkenntnis, dass es heuristisch sinnvoll sei, den „sensiblen Menschen“ als eigenen Personentypus zu definieren. Wir haben das Buch in der dritten Ausgabe unserer Mitgliederzeitschrift (2010) vorgestellt.
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Im Jahr 2013 erschien in der Zeitschrift Der Nervenarzt der Aufsatz
- Tölle, Rainer (2013), Der sensitive Charakter: Eine fast vergessene Persönlichkeitsstörung – illustriert am Fall Anton Reiser, Der Nervenarzt, 84, 374-380,
in dem Tölle an den „sensitive[n] Charakter“ nach Kretschmer erinnert. Für Tölle, einst Leiter der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie in Münster bzw. Ordinarius für Psychiatrie, ist der „sensitive Charakter“ als Persönlichkeitsstörung zu betrachten, die „in der Gegenwartspsychiatrie sehr wenig bekannt“ sei. Der „praktischen Psychiatrie“ sei damit „eine wesentliche Konzeption entgangen“. Wir wissen nicht, inwieweit Tölle „recht hat“, wenn er den „sensitive[n] Charakter“ als Pathologie betrachtet, und wie das Verhältnis zwischen Hochsensibilität und dem „sensitive[n] Charakter“ ist. Es fällt aber auf, dass von Tölle referierte Symptomatik teilweise an Beschreibungen der Eigenschaften von Hochsensiblen erinnert.
Der Aufsatz von Tölle ist von Faust auf der Website http://www.psychosoziale-gesundheit.net/ vorgestellt worden: http://www.psychosoziale-gesundheit.net/pdf/Int.1-Der_sensitive_Charakter.pdf.
3. Fachliteratur für PsychotherapeutInnen
Im Oktober 2014 ist unter dem Titel
- Aron, Elaine, Hochsensible Menschen in der Psychotherapie (Junfermann)
die deutschsprachige Übersetzung des Buches Psychotherapy and the Highly Sensitive Person aus dem Jahre 2010 erschienen. Eine Vorstellung des Buches, das sich an Psychotherapeuten richtet, finden Sie unter:
http://www.hochsensibel.org/dokumente/Aron-PsychTh_Rezension.pdf.
4. Fachliteratur für PfarrerInnen
Im Mai 2018 erschien im Pfarrblatt ein Aufsatz zum Thema Hochsensibilität; die Autorin setzt sich mit der Frage auseinander, wie der Pfarrberuf mit Hochsensibilität zu meistern ist. Der Text kann gelesen werden auf der Website des Pfarrverbandes unter http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/archiv.php?a=show&id=4504.
5. Fachliteratur für PhysiotherapeutInnen
In der Ausgabe April 2017 der physiopraxis, einer Fachzeitschrift für Physiotherapie, ist ein Aufsatz zum Thema Hochsensibilität erschienen. Der Artikel kann auf der Website des Thieme-Verlags erworben werden:
https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/issue/10.1055/s-007-33863.
6. Fachliteratur für Pflegekräfte
Im Februar 2014 ist ein Aufsatz über die Pflege hochsensibler PatientInnen erschienen. Der Aufsatz mit dem Titel „Darf‘s ein bisschen weniger sein?! Hochsensible Patienten in der Pflege“ kann etwa bei Grin (Link) heruntergeladen und auch gedruckt bestellt werden. Eine Rezension findet sich in Intensity 7.
7. Ausbildung zum Gesundheitscoach für Hochsensible
Aurum Cordis, das Kompetenzzentrum für Hochsensibilität in Buxtehude, bietet eine Ausbildung zum Gesundheitscoach für hochsensible Menschen an. Nähere Informationen hierzu finden sich unter:
http://www.aurum-cordis.de/veranstaltungen/131-Auf-den-Spuren-der-Seele-Ausbildung-zum-Gesundheitscoach-fuer-hochsensible-Menschen.
8. Informationen und Networking für Soziale Arbeit
Elke Overhage aus Dortmund betreibt unter der Adresse http://high-sensitive-socialwork.de/ einen Blog zum Thema Hochsensibilität und Soziale Arbeit.
Aus dem Jahr 2015 stammt die Bachelorarbeit „Hochsensibilität als Persönlichkeitsmerkmal im Berufsfeld der Sozialen Arbeit“. Die Arbeit kann etwa bei Diplomarbeiten24.de bestellt werden.
Ebenfalls aus dem Jahr 2015 stammt die Bachelorarbeit „Hochsensibilität - Leben mit besonderen Begabungen und Herausforderungen - Auswirkungen auf das Studium der Sozialen Arbeit“ (Link – nach „Hochsensibilität“ suchen). Es ist uns leider bisher nicht gelungen, der Arbeit habhaft zu werden.
Aus dem Jahr 2016 stammt die Examensarbeit „Der Umgang mit hochsensiblen Menschen in der sozialpädagogischen Arbeit“. Die Arbeit kann etwa bei Grin (Link) heruntergeladen und auch gedruckt bestellt werden.
Ebenfalls aus dem Jahr 2016 stammt die Bachelorarbeit „Die Chancen und Risiken des Persönlichkeitsmerkmals der Hochsensibilität nach Elaine N. Aron im Verhältnis zu den klientenbezogenen Handlungsarten der systemischen Sozialen Arbeit nach Peter Lüssi“. Die Arbeit liegt auf unserem Server und kann hier heruntergeladen werden.
9. Informationen für Heilpraktiker
In den Zeitschriften Paracelsus-Magazin (4/2016, 2/2015 und 4/2014) und Freie Psychotherapie (2/2016) wird Hochsensibilität ab und an thematisiert.
Ansonsten sei an dieser Stelle auf ein neues Lehrvideo für Heilpraktiker hingewiesen, dass von der Website loadmedical.com bezogen werden kann: https://loadmedical.com/adhs-oder-doch-hochsensibilitaet.html. Wir haben den Lehrfilm rezensiert.
[25.01.2019]